Am 21. November 2025 wurde auf der Landessynode die von manchen erhoffte und von manchen befürchtete Strukturreform beschlossen. Wir alle wissen, wie sehr sich Mitgliederzahlen und Finanzen verändert und verringert haben. Also können und dürfen wir nicht über unsere Verhältnisse leben. Ein „weiter wie bisher“ ist nicht mehr zu verantworten.
Nach einer, wie ich fand, recht unkritischen Debatte, wurde der Weg in die Zukunft mit einer Zustimmung von 90% der Landessynodalen beschlossen. Für viele von uns fühlt es sich so an, als würden wir von einem Auto mit hohem Tempo auf der rechten Fahrspur überholt. Jetzt dürfen wir nicht hektisch werden, sondern müssen ruhig und besonnen sein, die Spur weiter halten und unsere Fahrt mit klarem Kopf fortsetzen.
Vor kurzem saß ich nach dem Gottesdienst in großer Runde beim Kaffee mit dem Kirchenvorstand und anderen zusammen. Da kamen sofort auch die Sorgen auf den Tisch, wie es denn in Zukunft weitergehen soll. Es wurde erzählt: „Wir haben unsere Kirchentür selbst gestrichen und damit 700 € für unsere Gemeinde eingespart.“ Aus einer anderen Gemeinde hieß es, „wir haben ehrenamtlich einen ganzen Samstag die Grünfläche um unsere Kirche bearbeitet. Wir machen alles für unsere Gemeinde und bemühen uns das Geld zusammen zu halten – und nun geht alles weg!“ Auf diese Befürchtung kann ich antworten: Nein, denn zweckgebundene Rücklagen, z.B. für die Orgel, das Kirchengebäude oder Personal, bleiben vor Ort.
Dann die weitere Sorge: „Wir haben gerade einen Kindergottesdienst begonnen, das läuft richtig gut, haben wir noch Spielraum, um Materialien anzuschaffen?“ Ja, denn Sie behalten alle Kollekten, Spenden und das Kirchengeld vor Ort. Außerdem erhalten Sie eine Zuweisung – das Maß muss noch festgelegt werden – des Kirchensteueraufkommens, über das Sie als Budget vor Ort verfügen können.
Was also wird sich ändern? Ab 2030 soll es Regionalkirchengemeinden geben, als Körperschaften des öffentlichen Rechts, mit mindestens 10.000 Gemeindemitgliedern. Die bisherigen, von uns gewohnten, Kirchengemeinden in der Stadt und vor allem auf dem Land, werden zu Ortskirchengemeinden mit kirchlichem Recht unter dem Dach der Regionalkirchengemeinde zusammengefasst.
Der eine bangt, damit werden wir vor Ort entmündigt, weil wir nicht mehr die Entscheidungs-befugnis über Gebäude, Grundstücke und Personal haben. Die andere freut sich, ja endlich, wir werden von den Mühen der Verwaltung entlastet und können frei davon das Gemeindeleben vor Ort gestalten. Ab 2030 dann nicht mehr als gewählte Kirchvorsteher*innen sondern als berufene Mitglieder eines „Ortsausschusses“.
Nun denn, viele Fragen und Festlegungen, wie was sein wird, werden in den nächsten Jahren in der Feinabstimmung ausgearbeitet und auf der Landessynode beraten. Doch auch hier gehen die Meinungen auseinander. Für die einen ist die Ungewissheit eine enorme Belastung, da sie wissen möchten, was wird und woran man ist. Andere sehen eine Chance, viel Gestaltungsspielraum, den man nutzen und mitgestalten kann.
Ich möchte uns alle dazu ermutigen nach vorne zu schauen. Lassen wir uns nicht von Ungewissheit und Angst lähmen, denn es kommt auf uns alle vor Ort an, das Gemeindeleben jetzt und in Zukunft zu gestalten. Ihnen allen bin ich zutiefst dankbar, dass sie ihre Gaben und Kräfte und auch ihre finanzielle Unterstützung einbringen.
Die Kirche Jesu Christi wird es immer geben und wir haben die Zusage: „Gott hat uns nicht den Geist der Verzagtheit, sondern der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit gegeben.“ Diese Besonnenheit ist jetzt gefragt, um die uns gegebenen Möglichkeiten in den Ortskirchengemeinden zu nutzen.
Ich rate Ihnen dringend dazu, sich bereits jetzt schon zu größeren Kirchengemeinden in ihrer Region zusammen zu schließen. Vielleicht sind die Seelsorgebezirke in unserer Propstei dafür die richtige Größe. Damit gehen Sie eigenständige, große Schritte in Richtung der künftigen Struktur der Regionalkirchengemeinden, in der sie dann auch eine stärkere Stimme haben. Im Hinblick auf die nächsten fünf Jahre werden damit außerdem unsere immer weniger werdenden Pfarrpersonen entlastet – denn mit dem Ressourcenrückgang geht auch die Reduzierung von Pfarrstellen einher. Genau das macht die Strukturreform so dringend, auf die wir uns am besten gemeinsam vorbereiten.
Wir werden uns im Propsteivorstand und der Propsteisynode dazu verständigen, auf der Ebene unserer Propstei Treffen für Kirchenvorstände als Informations- und Austauschraum für jetzige und künftige Möglichkeiten zu organisieren. Machen wir uns jetzt schon fit für die Zukunft, um gut auf die bevorstehenden Veränderungen vorbereitet zu sein.
Auch wenn wir uns von rechts überholt, erschrocken und verunsichert fühlen, werden wir unseren Weg gemeinsam und besonnen fortsetzen. Das kirchliche Leben vor Ort wird es weiterhin geben, es wird von Ihnen getragen und gestaltet und es wird weiterhin lebendig sein, weil Sie da sind.
So grüße ich sie mit der Jahreslosung 2026:
„Gott spricht: Siehe, ich mache alles neu!“ (Offenbarung 21,5)
Ihr Propst Uwe Teichmann

